Bezahltes Grün

Kostenpflichtige Attraktionen im Schönbrunner Park (13. Bezirk Hietzing)

Zwei Mal habe ich bereits über den Schönbrunner Schlosspark geschrieben, über den namengebenden Brunnen, die kleine und die große Gloriette, den Tierpark etc. etc. Und so war es dieses Mal eher Zufall als Planung, dass ich meinen Fotoapparat dabei hatte, als ich mit einem lieben Besuch aus dem fernen Köln zum sommerlichen – hochsommerlichen – Spaziergang durch diese einzigartige Grünanlage aufbrach. Ich bin gerne und oft dort, liegen Schloss und Garten doch in bequemer Nähe zu meiner Wohnung, und ich habe den Park schon im Sommer und im Herbst, bei Regen und im Schnee fotografiert. Also: Besuch auf bekannten Terrain, ein paar Fotos fürs heimische Archiv und um alle Bekannten, die nicht in dieser wunderbaren Stadt wohnen, via soziale Medien neidisch zu machen. Aber nichts, worüber es unbedingt an dieser Stelle noch einmal zu berichten lohnen würde.

Ich hätte es besser wissen müssen, Wien wäre nicht Wien, wenn es nicht doch die ein oder andere Überraschung in petto hätte.

Dieses Mal waren es vier abgesonderte Areale auf dem Gelände: der Kronprinzengarten, der Orangeriegarten, der Irrgarten und das Palmenhaus. Letzteres kannte ich zwar, aber die drei anderen Anlagen waren tatsächlich – und im wahrsten Sinne des Wortes – Neuland für mich. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Der ganze weitläufige Park ist kostenlos für jeden zugänglich, aber für die vier genannten Gärten wird Eintritt erhoben. Und dies nicht zu knapp, will man alle besuchen, schlägt das pro Erwachsenem mit stattlichen 22,- Euro zu Buche. Warum also dorthin gehen, wen es so viel anderes zu sehen gibt, ohne dafür zur Kasse gebeten zu werden?

Nun, im Falle des Kronprinzengartens ist die Antwort, zumindest im Sommer, recht einfach: Weil hier die berühmten Schönbrunner Zitrusbäume stehen.

Die Habsburger sammelten bekanntlich alles, was sich auch nur annähernd katalogisieren und präsentieren ließ, Edelsteine, Einhornhörner und Bezoare, lebende und tote Tiere, Länder – einerlei. Hauptsache, repräsentativ. Seit dem 16ten Jahrhundert gehörten auch Zitrusbäume dazu, die nördlich der Alpen nur mit intensiver Pflege und mit dem Einsatz beträchtlicher Geldmittel kultiviert werden konnten. Ab 1647 – also zu Zeiten Kaiser Ferdinands III – befinden sich die Gewächse in Schönbrunn, die Sammlung ist also älter als das ab 1696 erbaute heutige Schloss.

Natürlich sind die heute vorhandenen Pflanzen nicht mehr die Originale, immerhin aber stammen 40 der ca. 500 Exemplare aus der Mitte des 19ten Jahrhunderts, sind also gut 180 Jahre alt. Und können zwischen Mai und September hier, im zwischen 2000 und 2003 rekonstruierten Barockgarten, bewundert werden.

Der Name „Kronprinzengarten“ für den ehemaligen kaiserlichen Privatgartens leitet sich übrigens von Kronprinz Rudolf ab, dessen Appartements hier, im östliche Teil des Schlosses lagen. Der Blick vom Aussichtspavillon am Ende der Anlage über den Garten hinüber auf diesen Teil des Schlosses gehört zu den spektakulärsten Perspektiven, die Schönbrunn zu bieten hat.

Im Winter mussten die empfindlichen Zitrusgewächse natürlich „ins Warme“ umziehen, was uns zum zweiten Garten dieses Spaziergangs bringt, der Orangerie. Erbaut unter Maria Theresia um 1754, wurden hier in der kalte Jahreszeit die Kübel mit den nicht winterharten Gewächsen untergebracht. Die 189 Meter lange und 11 Meter breite Halle wurde dafür seit Ende des 18ten Jahrhunderts durch eine Fußbodenheizung auf Temperatur gehalten, technisch war man der Zeit um Einiges voraus.

In den Sommermonaten steht das Gewölbe weitgehend leer, die exotischen Pflanzen - Oleander, Granatapfel, Bougainvillea,  Lorbeer, Hanf- und Dattelpalmen – sind im Garten vor dem Gebäude zu besichtigen. Historisch der „Star“ des Ensembles ist das Myrthenbäumchen, dass Maria Theresia anlässlich Ihrer Hochzeit mit Franz Stephan vom osmanischen Sultan zum Geschenk erhalten hatte.

Ebenfalls auf barocke Vorbilder geht der Irrgarten westlich der Schlossachse zurück. Diese Anlagen mit ihren versteckten Winkeln, überraschenden Perspektiven und lauschigen Pavillons waren ein Highlight der Gartenkunst im 17ten und 18ten Jahrhundert und hatten durchaus auch eine erotische Konnotation – man lese einmal in Casanovas Memoiren nach.  Im sittenstrengen 19ten Jahrhundert verschwanden die Gebilde – so auch in Schönbrunn.

Die heutige Anlage wurde in freier Nachempfindung des Originals im Jahr 1999 wiedereröffnet. Das ausgerechnet hier ein Kinderspielplatz integriert wurde, zeugt vom reinen Herzen der Gartenplaner der Österreichischen Bundesgärten. Der Lingam-Yoni-Brunnen von ihrer Sachkenntnis.

Schlusspunkt der Wanderung und ein weiterer historischer Höhepunkt ist das Große Palmenhaus, zur Zeit seiner Eröffnung 1882 das größte Glasgebäude der Welt. Entwurf und Umsetzung stammen von Ignaz Grindl, dem „k. und k. Hofschlosser und Eisenconstructeur“. 

Auf seiner Rückseite solle man einen kurzen Blick auf den Japanischen Garten werfen, ein Denkmal für die engen Beziehungen Österreichs zu Japan, ehe man sich den ca. 800 Pflanzenarten aus aller Welt auf 2.500 Quadratmetern widmet. Der Bau ist in drei Klimazonen aufgeteilt: Warmhaus, Mittelhalle und Kalthaus. In der sommerlichen Hitze diesen Jahres ist vor allem ein längerer Aufenthalt in der schwülen Feuchte des Warmhauses ein echter Geheimtipp: Danach erscheinen selbst Temperaturen jenseits der 35 Grad im Park wie ein erfrischender Frühlingstag. 

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Meine Tipps:

- Informationen und Tickets zu den 3 erstgenannten Gärten sind erhältlich unter https://www.schoenbrunn.wien, Eintritt zum Palmenhaus kann bequem an der Kassa gezahlt werden.

- Den Zitruspflanzen ist ein eigenes Festival gewidmet, die Wiener Zitrustage im Mai: https://zitrustage.at/

- Wer noch in ein weiteres Ticket investieren will: Vom Dach der Gloriette hat man einen wunderbare Blick über alle hier beschriebenen Gartenanlagen und das gesamte Areal. Tickets an allen Verkaufsstellen im Park.

 

© Hartmut Schulz 2023

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