DAS-IST.WIEN: SPAZIERGÄNGE DURCH EINE FASZINIERENDE STADT
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11. Bezirk, Simmering

Der Tod, der ist kein Wiener

Wien und sein Zentralfriedhof – was ist nicht alles darüber geschrieben, gedichtet und gesungen worden. Meist mit einem wehmütigen Augenzwinkern, aber fast immer, als stünde man als Bewohner dieser wunderbaren Stadt der Lebenden auch auf Du und Du mit Gevatter Tod. „Der Tod, das muss ein Wiener sein…“

Fahr doch einmal hinaus, nicht zum prächtigen Tor 2, mit den ganzen Millionengräbern und den Prominenten entlang der Hauptallee. Steig am Tor 1 aus, am Eingang zum alten jüdischen Friedhof. Fahr an einem grauen Novembertag, und fahre allein. Vermeide den zentralen Teil, halte dich an die Randareale des Friedhofs.

Der Tod ist kein Wiener. Der Tod ist auch hier kalt und fremd. Und oft ist er unverständlich und grausam. Allerdings haben die Wiener zumindest ein kleines Trostpflaster gefunden – doch davon zum Schluss.

1877 hatten die Juden der Donaumetropole das Areal direkt an der Simmeringer Hauptstrasse als ausschließlich jüdischen Friedhof gekauft. Etwa 100.000 Tote mosaischen Glaubens wurden hier bestattet, manche in reichen, prunkvollen Gräbern, viele andere unter kleinen, unauffälligen Grabsteinen, die heute noch windschief Reihe an Reihe das Gelände füllen. Eines aber fällt auf: kaum eines der Gräber ist in gutem Zustand, und immer wieder liegen Grabtrümmer auf den Flächen.

Dies ist weder Schlamperei noch Unachtsamkeit. Im dritten Reich enteignet, im zweiten Weltkrieg in weiten Teilen zerstört, ist dieses Gelände zu groß, um von den ca. 7.000 verbliebenen Juden in Wien allein in Schuss gehalten zu werden. Die Stadt bemüht sich, das ein oder andere bedeutende Grabmal zu restaurieren. Aber weite Teile des alten jüdischen Friedhofs erinnern inzwischen nicht mehr an einzelne Tote, sondern kollektiv an den Untergang einer der kulturell und wirtschaftlich bedeutendsten Gruppen Wiens.

Einzelne Denkmale ragen heraus – und erweisen sich als „Denk“-Male im wörtlichen Sinne. „Unsere guten Eltern KOM. RAT. RUDOLF und JELLA LÖWI, gab. GLASER starben im KZ Theresienstadt 1942. Unser einzig geliebtes Kind HERBERT ROSENBERG fand am 19. Juni 1944 im 22. Lebensjahr in der Engl. Armee bei Caen Normandie den Heldentod“. Ich bin Deutscher. Vor solchen Grabsteinen weine ich.
Folgt man dem Weg weiter entlang der Peripherie des Friedhofs kommt man vorbei an verfallenen, überwucherten Gräbern, um die sich mit Sicherheit seit Jahrzehnten kein Verwandter mehr kümmert. Gleichzeitig sind es Schlaglichter auf Momente österreichischer Geschichte: „Hier ruhet Clement Ritter von Eywo. K.k. Kürassier, letzter Offizier von Kaiser Max von Mexiko.“ Immerhin, er hat seinen Herrn um 40 Jahre überlebt. Glück gehabt.

Der Adlige schaut übrigens aus seinem verfallenen Mausoleum auf eine romantische Herbstwiese, auf der nur vereinzelte Steine stehen. Romantisch – wieder täuscht der Eindruck. Auf den 35.000 qm hinter dem Ehrenmal liegen etwa 15.000 tote Soldaten aller Nationen aus dem ersten Weltkrieg. Die flachen Steinplatten im Gras sind kaum zu sehen. 4 Namen stehe auf jedem Stein. Kein Geburts- und kein Todesdatum. Man darf vermuten, dass die meisten der hier Liegenden ihren dreißigsten Geburtstag nicht erlebt haben.

Überhaupt wird rasch klar, dass auf dem Zentralfriedhof nicht nur das Bürgertum seine scheene Leich zelebrierte, sondern dass hier vor allem die unruhige Geschichte Österreichs ihre Gedenkstätten hat: es gibt Mahnmahle und Gräber der Opfer der Revolution von 1848, des Ringtheaterbrandes von 1881, des Justizpalastbrandes von 1927, der Opfer des Nationalsozialismus und des Wiederstands, der Kindereuthanasie und des Bombenkriegs und den russischen Heldenfriedhof. Hier liegen tausende, oft junge Menschen, durch die Österreich das freie und demokratische Land werden konnte, dass es heute ist. Zwischen all dem Beethoven- und Falco-Tourismus sollte man vielleicht gelegentlich auch diesen Gräbern seine Aufmerksamkeit schenken.

Geht man den Bogen weiter auf das Tor 3 ist es durchaus das heutige Wien, dass sich hier präsentiert: Abteilungen für Rumänisch-Orthodoxe, Kopten, Muslime, Atheisten und – vorsichtshalber durch eine Mauer von den Katholiken getrennt – Evangelische zeugen vom multinationalen Wien, das sich eben auch hier auf dem Friedhof wiederfindet. Menschen, die ihren Körper der Wissenshaft gespendet haben, habe ihr eigenes Gedenkareal. Der russische-orthodoxe Abschnitt verfügt sogar über eine eigene Kirche inklusive standesgemäß vergoldeter Kuppel.

Dazwischen liegt dann allerdings eine Abteilung, die einem endgültig den Boden unter den Füßen wegzieht: geschmückt mit Windmühlen, kleinen Engelsfiguren, Teddybären liegt der Gottesacker für Babys. Zwei Bilder dazu mögen genügen, Worte erübrigen sich. Wer hier ungerührt hindurchgehen kann, hat ein Herz aus Stein…

Dass auch andere Formen der Auseinandersetzung mit dem Tod möglich sind, zeigt die (vor)letzte Station des Rundgangs um den Zentralfriedhof: der Park der Ruhe und Kraft. Man mag von Geomantie (der esoterischen Erfassung der Landschaft als gesamtheitlicher Organismus) halten, was man will: nach all dem Tod in Marmor und Bronze ist dieser Landschaftspark mit Steinkreis, Baumkathedrale und Wasserplatz ausgesprochen wohltuend. Allerdings wirkt er fremd, wie aus einem esoterischen Andersland hierhergezaubert. An einem solchen Ort mögen Gott oder Nymphen oder Schutzengel sein – Wiener sind es aber sicher nicht.

Denn die Wiener haben ihre ganz eigene Antwort auf all die Trauer und Tristesse des Zentralfriedhofs gefunden, die einzige für diese Stadt authentische: das Café am Tor 2. Bei Melange und Schokomousse-Torte ist der Tot zwar immer noch kein Wiener. Aber zumindest das Leben als Wiener ist wieder wunderbar.

(Stadtspaziergang 23.11.2018)

Meine Tipps:
Mach keine „Guided Tour“, gehe allein oder mit deinem/ deiner Liebsten. Meide die Promi-Gräber. Über Curd Jürgens, Schubert Franzl oder Karl Kraus erfährst du am besten aus Büchern. Hier sind sie genauso tot wie alle anderen auch. Nur ordentlicher geharkt.

Es ist eine jüdische Tradition, kleine Steine auf Gräber zu legen. Tu das, auch wenn du (wie ich) kein Jude bist. Auf vielen der Gräber des alten Jüdischen Friedhofs liegt seit Jahrzehnten kein Stein mehr. Aber jeder, der dort liegt, hätte verdient, dass man sich an ihn erinnert.


Nimm dir Zeit, die Inschriften auf den Grabsteinen zu lesen. Sie erzählen Geschichten. Von tief berühren bis skurril ist so ziemlich alles dabei. Und bei den ganzen Danksagungen an die Verblichenen: vielleicht sagst du deinem Mann/ deiner Frau/ deinen Kindern, Eltern o.ä. etwas Nettes, wenn du wieder zu Hause bist. Erst auf dem Grabstein ist halt doch sehr spät…
Copyright Text und Fotos: Hartmut Schulz, 2018-2021
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