Frühling an der Liesing

Der Liesing entlang nach Unterlaa (10. Bezirk Favoriten)

Der Liesing war ich zuletzt im Spätsommer des vergangenen Jahres begegnet, auf meiner Wanderung durch Rodaun im 23. Bezirk. Heute begegne ich ihr wieder, ein gutes Stück weiter östlich, im 10. Bezirk Favoriten.

Wobei – dass man sich in Wiens bevölkerungsreichstem Stadtteil befindet, daran erinnert hier, zwischen Ober- und Unterlaa, rundweg nichts. Hart an der südlichen Grenze der Stadt nach Niederösterreich hin herrscht Idylle pur: Friedlich plätschert das klare Wasser im Flüsschen, an den das Ufer beherrschenden Weiden beginnen die Kätzchen zu knospen, aus dem Grün am Fuß der Bäume leuchtet es hin und wieder schon gelb oder violett. 

Zum freundlichen Bild trägt wesentlich bei, dass die Liesing hier weitestgehend renaturiert ist. Entsprechend gibt es Flussbänke, Verzweigungen, seichte Stellen, in denen sich die Enten tummeln, und dann wieder Verengungen, an denen das Wasser Fahrt aufnimmt und wo man ahnt, dass der Fluss bei höherem Pegel durchaus einige Gewalt entwickeln kann.

Heute aber leuchtet der Himmel blau, geregnet hat es in den letzten Tagen wenig, und so zeigt sich die Liesing von ihrer besten Seite. Gut so, denn der Weg, den ich mir ausgesucht habe, geht von der U1-Haltestelle Neulaa bis zum Ziel in Unterlaa – und der Bahnstation im nahen Kledering, von der ich die Rückreise antreten will - immer in Ufernähe entlang.

Einen Abstecher in das linkerhand gelegene Oberlaa verkneife ich mir für dieses Mal. Zum einen war ich dort schon (https://www.das-ist.wien/10---fruumlhstuumlck-in-oberlaa...), fast genau zwei Jahre ist’s allerdings schon her, zum anderen lockt mich heute der andere Ortsteil, Unterlaa. 

Das heißt, es ist weniger der Ort selbst, idyllisch-unspektakulär, wie er nun einmal ist. Es ist vielmehr das Areal um die an dessen östlichem Ende gelegene St. Johannes-Kirche, das mich zu diesem Spaziergang animiert hat.

Das kleine Kirchlein mit dem spitzen sechseckigen Turm wirkt im ersten Augenblick hübsch, aber keineswegs außergewöhnlich. Im Zuge der Zweiten Osmanischen Belagerung Wiens stark beschädigt, stammt der heute sichtbare Bau aus dem Jahr 1686. Geringe Rest des Vorgängerbaus sind allerdings noch erhalten und lassen sich mindestens bis ins 13., vielleicht sogar ins 10. Jahrhundert zurückdatieren. Dies macht den Bau zu einer der - wenn nicht überhaupt: der – ältesten Kirche(n) Wiens.

In Teilen ist das Gebäude sogar wohl noch älter und geht auf einen römerzeitlichen Grabbau zurück, der zu einem Villenkomplex gehörte, den man auf dem angrenzenden Gelände ergraben hat.

Das Mauerwerk, dass man nördlich an die Kirche anschließend sehen kann, stammt allerdings aus dem Mittelalter, als der Malteserorden, dessen ikonisches achtspitziges Kreuz die Kirchturmspitze schmückt, hier ein Hospiz betrieb. 

Noch ein anderes Gebäude auf dem Gelände fällt auf: Wenige Schritte hinter der Kirche in Richtung der Liesing steht ein kleiner, gedrungener gelber Bau, wohl aus der Zeit um 1700. Es handelt sich um eine sogenannte Heilig-Grab-Kapelle, einen vereinfachten Nachbau der Ädikula in der Grabeskirche in Jerusalem. Doch im Gegensatz zum Original ist hier die Grablege im hinteren Teil des Baus keineswegs leer. Schemenhaft sieht man durch den fest verschlossenen Zugang die hölzerne Figur des toten Christus in der Nische.

Ein etwas schauerlicher Eindruck.

Gut, dass er sich rasch verflüchtigt, wenn man sich nach diesem kurzen Schwenk in den Ort und in die Geschichte wieder der Liesing zuwendet.

Von Unterlaa ist es nur ein kurzes Stück traumhaft schönen Wegs das Wasser entlang, bis ich mich in Kledering auch für dieses Mal von der Liesing verabschiede. Ihr Weg führt weiter nach Osten, wo sie in die Schwechat und nur wenig weiter in die Donau mündet. Mein Weg aber führt wieder zurück in die Stadt. Und wie bei unserer letzten Begegnung auch bleibt mir wiederum nur zu sagen:

Auf wiedersehen, meine Liebe. Schön war’s bei dir!

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Meine Tipps:

Kirche und Ausgrabungszone in Unterlaa sind eine Außenstelle des Bezirksmuseums Favoriten: https://www.bezirksmuseum.at/de/bezirksmuseum_10/bezirksmuseum/das_museumshaus_domus_devomari, einige Funde befinden sich auch in der Hauptniederlassung in der Ada Christengasse 2B

© Hartmut Schulz 2023

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